JAVA – ABSEITS DER TOURIPFADE, SULTANAT UND VULKANBESTEIGUNGEN

7 06 2011

Indonesien besteht aus über 17.000 Inseln und hat ca. 250 Millionen Einwohner. Dieses Land ist eigentlich eine eigene Reise Wert und beansprucht auch dementsprechend Zeit. Um einen Mix aus Ursprünglichkeit und den üblichen Touristenzielen zu finden, beschlossen wir, Java mit einigen Zwischenstationen zu durchreisen, um dann unsere letzte Zeit in Asien in den beliebten Urlaubsgebieten Bali und Lombok zu verbringen. Über einige Stationen auf Java gibt es nicht wirklich viel zu berichten – keine besonderen Sehenswürdigkeiten oder Aktivitäten. Aber eins können wir durchweg für diese zwei Wochen festhalten: Die Menschen sind unheimlich freundlich und liebenswert und die Landschaft ist einfach atemberaubend. Das „Hasseln“ erinnert jedoch genauso wie Dreck und Verkehr stark an Indien. Aber ein „Nein danke“ an Taxifahrer, Straßenhändler und Tourenverkäufer wird auch als solches verstanden. Trotzdem war die Umstellung des dagegen sehr westlichen Thailands mal wieder ein kleiner Kulturschock für uns. Der Mix aus Armut, Fahrradtaxis und unzähligen kleinen Essensständen direkt neben riesigen modernen Einkaufszentren machte die Verwirrung nur noch größer. Die Unsauberkeit blieb uns auch in den jeweiligen Unterkünften nicht erspart, die gepaart wurde mit tief riechender Feuchtigkeit.

JAKARTA:
Wir hielten uns nur so kurz wie möglich in der westlich auf Java gelegenen Hauptstadt Jakarta mit seinen über 10 Millionen Einwohnern auf und besuchten auf unseren Streifzügen das nördlich gelegene Stadtviertel Kota. Dieses bot uns Überreste der niederländisch historischen Altstadt und den Hafen, der umgeben ist von Slums und fröhlich plantschenden Kindern im abwasserverseuchten Hafenzufluss.

BOGOR:
Nach dem grauen und verdreckten Jakarta gönnten wir uns einen Nachmittag in einem bei Bewohnern der Hauptstadt beliebten Ausflugsziel: Dem Botanischen Garten in Bogor. Hier kann man stundenlang durch verschiedene Vegetationen wandern – vom Orchideenhaus über den mexikanischen Kakteengarten bis hin zum dschungelähnlichen Wald. Ein Beispiel der indonesischen Freundlichkeit haben wir dort ein Mal mehr kennen gelernt: Die Kassiererin am Eingang fragt uns zweimal, ob wir auch sicher sind, dass wir jetzt in den Garten möchten, weil es stark nach Regen aussehe… Unterkunft fanden wir bei einem perfekt deutsch sprechenden älterem Herr, der uns mit den Worten „Beehren Sie uns bald wieder“ verabschiedete.

CIANJUR:
Inmitten von grünen Reisfeldern am Punkac Pass liegt das Städtchen Cianjur. Hier machten wir einen dreitägigen Homestay, was heißt, dass wir bei einer einheimischen Familie lebten. In dieser Zeit lernten wir so einiges über Land, Kultur und Leute. Wir machten eine lange Wanderung und lernten alle Zyklen des Reisanbaus bis zur -ernte und -weiterverarbeitung kennen, besichtigten Stadt und Markt und zum Abschluss auch eine Grundschule, wo die Kinder Tanz- und Musikaufführungen für uns machten. Überall wurden wir herzlich empfangen und standen im Mittelpunkt – viele Touristen verirren sich wirklich nicht hierhin! Zur gleichen Zeit war ein neuseeländisches Pärchen mit uns bei der Familie, mit der wir die Abende verbrachten. Die beiden circa 60-jährigen sind für drei Jahre unterwegs, bevor sie ihr eigenes Land mit dem Wohnmobil bereisen wollen. Sie bereiteten uns mit ihrer Art eine große Vorfreude auf unser übernächstes Reiseland!

BANDUNG:
Bandung ist wieder so eine Stadt, über die es nicht viel zu sagen gibt. Sie galt für uns als Transitort, um die Weiterfahrt nach Yogyakarta im Zug aufzunehmen. Wir blieben einen Tag und schlenderten an der sog. Jeansstreet entlang, die für unzählige Jeans- und T-Shirt-Shops bekannt ist. Für uns ein besonderes Erlebnis war der erste Kinobesuch seit 7 Monaten – mit Popcorn und allem Drum und Dran einfach mal berieseln lassen! Mit dem Zug fuhren wir am nächsten Tag in acht Stunden weiter nach Yogyakarta. Die Fahrt war im Vergleich zu den vorangegangenen Busfahrten nicht nur wesentlich angenehmer, sondern auch durch die wunderbaren Weiten der anscheinend niemals endenden Reis- und Hügellandschaft beeindruckender.

YOGYAKARTA:
Yogyakarta ist eines der letzten Sultanate auf dieser Erde und auch dementsprechend touristisch mehr erschlossen als unsere vorherigen Stationen. Außerdem ist es bekannt für die nahe gelegenen Tempelanlagen Borobudur und Prambanan, die wir mit einem frühen Aufbruch verbunden besuchten. Der Tempel Borobudur gilt als einer der größten buddhistischen Tempel Südostasiens und ist überaus genau renoviert worden. Zum einen freute es uns, diese Tempelanlage in ihrer Form zu sehen wie sie vor vielen hundert Jahren erbaut worden war. Zum anderen fehlte ihr die Ursprünglichkeit, die wir an den anderen historischen Tempeln Südostasiens bisher gesehen haben. Der Tempelkomplex Prambanan erinnerte an die Tempel von Angkor in Kambodscha. Auch hier wird fleißig an der Renovierung gearbeitet, besonders aufgrund von gravierenden Zerstörungen durch ein starkes Erdbeben im Jahr 2006.
Der 10. Sultan von Yogya lebt noch immer im sogenannten Kraton, dem Sultanspalast, welcher teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Außerdem ist diese Anlage quasi eine eigene Stadt in der Stadt, da die zehntausend Angestellten des Sultans hier wohnen. Wir bekamen die „Soldaten“ des Sultans zu Gesicht, die durch ihre traditionelle Kleidung und Schwertwaffen ein beeindruckendes Bild abgeben. Nichtsdestotrotz sieht es so aus als würden sie nur noch zur Schau im Innenhof des Palastes in Reih und Glied für uns Besucher auf dem Boden sitzen. Die Museumsräume zeigen altertümliche Waffen, Sänften und Schmuck sowie das traditionellen Leben im Sultanat.
Yogyakarta wird immer wieder von Erdbeben und Vulkanausbrüchen heimgesucht. Die Aschereste vom letzten Ausbruch des Mount Merapi im November 2011 sind immer noch sichtbar. Der 20km entfernt liegende Vulkan spuckte die Asche bis auf eine Höhe von 2 Metern in die Straßen der Stadt! Die aufgehäuften Ascheberge werden sogar neben den Straßen als Besichtigungsattraktion angeboten. Aus den Steinbrocken der Eruption machen die Einwohner das Beste, indem sie aus ihnen Statuen meißeln und zum Verkauf anbieten.

VULKANTOUR BROMO UND IJEN:

Vor unserer Weiterfahrt nach Bali wollten wir unbedingt aktive Vulkane besuchen und diese Entscheidung bescherte uns ohne Übertreibung einige der beeindruckendsten Erlebnisse unserer Reise! Nachdem wir einen vollen Tag mit 12 Stunden im Minibus verbracht hatten, kamen wir bei Neumond mit absolut klarem Sternenhimmel in der Nähe des Gunung Bromo an. Viel Zeit zum Schlafen blieb nicht, denn um halb vier morgens mussten wir schon raus, um den Sonnenaufgang über dem aktiven Vulkan mitzuerleben. Dadurch, dass wir uns auf über 2.000 Metern befanden – der Bromo liegt auf 2.329 Meter – war es unter zehn Grad und ein kleiner Schock nach den warmen und schwülen Tagen zuvor. Am Aussichtspunkt Gunung Penanjakan angekommen, bewunderten wir mit ca. 200 weiteren Besuchern das tägliche Naturschauspiel der Mischung aus Schwefelwolken mit ersten Sonnenstrahlen. Als es heller wurde, sahen wir zudem das sich über mehrere Kilometer erstreckende wunderschöne Vulkangebiet. Danach ging es mit dem Jeep weiter zum Fuße des Bromos, um ihn aus der Nähe zu sehen. Aufgrund seiner Aktivitäten ist der Aufstieg zum Kraterrand oft gesperrt. Doch wir konnten glücklicherweise hochklettern und die riesigen Schwefelwolken, die mit unheimlichem Gegrummel aus dem Kraterloch herauf strömen, aus nächster Nähe bewundern. Nach nur wenigen Minuten am Kraterrand begaben wir uns wieder zum Abstieg, da die schwefelhaltige Luft nicht unbedingt gesundheitsfördernd ist.
Anschließend ging es am gleichen Tag weiter in westlicher Richtung mit einer erneuten endlosen Minibusfahrt zu unserer nächsten Bleibe. Am nächsten Morgen war die Nacht wieder zur unchristlichen Zeit um vier Uhr bereits vorbei. Jedoch freuten wir uns doppelt. Zum einen checkten wir wiederholt aus einer schimmeligen Bude aus und zum anderen machten wir uns auf den Weg zum Vulkan Ijen und dessen Kratersee Kawah Ijen. Der Aufstieg zum Kraterrand dauerte ca. 1,5 Stunden und erinnerte uns an die Steilheit unseres Treks in Nepal. Die Anstrengungen waren beim Anblick der umliegenden Landschaft und des Kraters jedoch wie verflogen. Der Kawah Ijen bestach doppelt – auf der einen Seite mit der Schönheit seines türkisfarbenen Wassers und auf der anderen Seite durch die darin schwimmende respekteinflößende Säure. Das toxische Wasser macht den Kawah Ijen zum angeblich größten Säurefass der Erde. Seit 1921 gibt es eine Schleuse am Überlauf des Sees, da früher Übertritte riesige Schäden im Umland anrichteten. Die Schleuse selbst besteht aus schwefelhaltigen Materialien, da andere schlichtweg vom säurehaltigen Wasser weggefressen würden. Aufgrund der hohen Wassertemperatur je nach Jahreszeit von teilweise über 40° C entwickeln sich immer wieder sichtbare Dampfschwaden über dem Kratersee. Ein weiteres beeindruckendes Schauspiel waren die austretenden Schwefelgase an der Kraterwand direkt unten am See. Dort befindet sich seit 1968 offiziell eine der größten Schwefelminen der Erde. Nach einem Rundgang am Kraterrand wagten wir uns hinunter in Richtung des Sees und der Stelle des Schwefelabbaus. Bereits beim Vulkanaufstieg und jetzt beim Abstieg im Krater begegneten uns die Schwefelträger, die bis zu 90 Kilogramm auf den Schultern tragen können und uns wiederholt sehr stark an die Träger von Nepal erinnerten. Nach dem Abstieg schauten wir uns für einige Minuten den Ablauf des Schwefelabbaus an. Aus Rohrleitung kommt das über 100° C heiße rotfarbige Schwefelöl ans Tageslicht und wird mit Eisenstangen nach seiner Abkühlung als gelber, fester Schwefel abgebaut. Der ständige Schwefeldampf war für uns nach wenigen Minuten nicht mehr wirklich erträglich. Zudem traten unregelmäßig starke Schwefelwolken aus, so dass wir dachten, unsere Lungen müssten jeden Augenblick wegätzen. Die Arbeiter und Träger wechseln laut eines Trägers turnusmäßig nach zwei Tagen die Arbeitsstelle, sodass jeder nur maximal zwei volle Arbeitstage infolge und die dazwischenliegende Nacht neben der Schwefelmine verbringt. Die anderen Tage würden sie dann als Träger für den trockenen Schwefel eingesetzt. Dies liefe in einem rotierenden System mit allen Trägern und Arbeitern. Insgesamt war dies eine absolut einzigartige Erfahrung…
Nach dem Aufstieg aus dem Krater und dem Abstieg vom Vulkan ging es weiter in den Minibus zur Fährstelle im Osten Javas, um am gleichen Tag noch nach Bali überzusetzen. Mit den Gedanken noch beim Ijen, dessen Kratersee und der Schwefelmine fuhren wir auf unwegsamer Straße durch dichtbewaldetes Gebiet. Urplötzlich ohne es richtig zu glauben, sahen wir aus dem Auto heraus in 50 Meter Entfernung vor uns einen Panther über die Straße schleichen. Bei Puls auf 180 versuchte Christian noch die Kamera aus dem Rucksack zu ziehen, da ist die schwarze Großkatze nach wenigen Sekunden schon wieder im Dickicht verschwunden. Wir können es jetzt Tage später noch nicht wirklich fassen ein so seltenes und vom Aussterben bedrohtes Tier (es gibt nach Schätzungen maximal 500 Java-Leoparden) live gesehen zu haben.



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