RISHIKESH – ASHRAM, YOGA UND RAFTING

19 01 2011

05_Ashram - Gesang vor dem Essen in Sanskrit

Dieser sowie einige andere Gesänge sollten uns in den zwei vergangenen Wochen doch tatsächlich in Fleisch und Blut übergehen! Und auch nach der Ashram-Zeit ertappen wir uns häufig bei einem Ohrwurm von unserem Tischgebet… Schön war’s!
Rishikesh liegt im Nordwesten Indiens (Nördlich von Delhi) im oberen Gangestal. Es bildet die Hochburg der Yogis und Gurus mit Angeboten für Yoga-Anfänger bis hin zum zertifizierten Abschluss an der Uni als Yoga-Teacher. Und das ist auch an jeder Ecke spürbar. Alleine die Lage im oberen Tal des Ganges, der mit seinem türkisfarbenen Gletscherwasser tatsächlich irgendwie heilig wirkt, inmitten von Bäumen und Bergen direkt am Fuße der Himalayas, macht schon Eindruck. Auf Empfehlung einer kanadischen Travellerin hatten wir uns für den Anand Prakash Yoga Ashram entschieden – einen kleinen, neuen und modernen Ashram, von einem indisch-kanadischen Yoga-Pärchen geführt. Die beiden weilten aber gerade in Kanada, so dass das Ashram relativ leer war (immer um die 10 Gäste). Der „Yogi Ji“ hat anscheinend eine enorme Anziehungskraft. Wenn er in Indien ist und Kurse oder Stunden gibt, dann sind diese und sein Ashram prall gefüllt. Unsere Zeit war dafür umso gemütlicher und erholsam. Auch wenn die 3,5 Stunden Yoga am Tag – besonders in der ersten Woche – echt einfach nur knallhart waren! Unser Yoga-Lehrer Rana legte nicht allzu viel Wert auf Meditation und solche Weichei-Bestandteile des Yoga, sondern zog es vor, unsere leicht untrainierten Körper lieber von der ersten bis zur letzten Minute mit Hammerübungen, -dehnungen und -verrenkungen zu quälen. Nach einigen Tagen und trotz ein bis zwei geschwänzter Einheiten (es ging einfach nicht mehr!) tat wirklich jedes Körperteil weh. Als Rana dann in der zweiten Woche das Tempo aufgrund einiger (auch älterer) Neuankömmlinge verlangsamte, wurde uns schon fast langweilig…
3 Yoga-Stunden pro Woche wurden von einem kanadischen Freund des Yogi-Ji’s abgehalten, so dass wir etwas Abwechslung hatten. Viel „Atmen“ war bei ihm angesagt. Bei seinem Yin-Yoga einmal wöchentlich werden Atemübungen in Verbindung mit Haltepositionen durchgeführt, die in einer Stretching-Postion bis zu fünf Minuten beibehalten werden. Das kann sehr lange sein, wenn du es nicht gewöhnt bist und es ist nichts (oder gerade etwas?!) für ungeduldige Menschen. Zum Entspannen wurde dann immer schön „Om, Om“ mit allen zusammen gebrummt, begleitet von diversen Ratschlägen wie „If you think of pain, you will feel pain; if you think of time, time will go very slowly; if you think of joy and peace, your life will be joyful and peaceful“.
Abgesehen von den Yoga-Einheiten (die erste um 6 Uhr morgens bei wahrscheinlich gerade mal 5 Grad), der ein oder anderen spirituellen Lektion des Kanada-Teachers und den Tischgebeten fühlten wir uns eigentlich eher wie in einem Feriencamp, nur ohne Zelt, aber mit Vollpension. Es war also keineswegs irgendeine sektenähnliche Vereinigung, die uns da in ihren Bann zog.

Wir machten viele nette Bekanntschaften mit allen möglichen Nationalitäten – wie natürlich schon vorher auf der Reise, aber doch irgendwie intensiver aufgrund des ständigen Zusammenlebens – und für uns überraschenderweise schlossen wir vor allem die anwesenden Chinesinnen ins Herz. Neben der „Zeit mit sich selbst“ gefiel uns persönlich vor allem der geregelte Tagesablauf und die Konstanz des Ortes. Wir merkten doch, dass 2 Monate Indien schlauchen und es so gut tut, mal nicht um jede Mahlzeit feilschen oder sich jeden dritten Tag ein neues Bett suchen zu müssen (auch wenn uns die wechselnden Orte und das Reisen eigentlich sehr gefällt). Wir konnten uns einfach an unser Esstischchen auf den Boden setzen und los ging’s mit den besten indischen, natürlich im Ashrahm vegetarischen Gerichten! Bei der jetzigen Weiterreise merken wir bereits, dass wir neue Dinge wieder ganz anders aufnehmen können – eine „Reisepause“ tut auf jeden Fall gut!

Vieles in so einem Ashram ist heutzutage doch kommerziell. So werden weitere für ein konventionelles Ashram weltlichere Dinge wie Internet, Abenteuer wie Rafting und Trekking gegen Bezahlung angeboten. So sehr sich manche Menschen auch um ein spirituelles Leben bemühen, steht das individuelle Vorwärtskommen doch auch hier oft im Vordergrund. Besonders eindeutig war dies bei den ständigen Zickereien unserer 2 Yoga-Teachers, die sich auf den Tod nicht leiden konnten. Einig waren sie sich nur in den unglaublichsten Geschichten über die Kraft des Yoga und die heiligsten Gurus (24 Stunden Luft anhalten, 1 Monat lebendig begraben lassen und wieder quicklebendig rauskommen, ein Auto mit einem Seil zwischen Kinn und Brustkorb festhalten damit es nicht anfahren kann, usw…). Wir sind eben doch nicht gaaanz so doll spirituell angehaucht, um voll und ganz in dieser Welt aufgehen zu können. Aber insgesamt hat uns diese Zeit auf jeden Fall persönlich ein Stückchen weitergebracht, auch Christian als Novize hat Gefallen am Yoga (insbesondere am sportlichen Teil) gefunden und wir versuchen, die ein oder andere Übung in unseren weiteren „Alltag“ einzubauen.

Nebenbei machten wir auch die ein oder andere „weltliche“ Erfahrung, wie unser Rafting-Abenteuer auf dem Ganges. Abgesehen von dem Spaß und Nervenkitzel durch die zum Teil heftigen Stromschnellen wurden wir auch klitschnass – und somit gesegnet vom heiligen, aber auch eiskalten Gletscherwasser! Kleine Wanderungen haben wir dazu genutzt, um einen nahegelegenen Wasserfall und das still gelegte Ashram zu besichtigen, in dem die Beatles 1968 einige Zeit verbrachten. Hinzu war Christian am höchsten Punkt der nahen Umgebung und hatte dabei eine traumhafte Aussicht auf die Himalayas, die uns in Nepal erwarten.

Jetzt sind wir auf dem Weg zu unseren letzten beiden Stationen in Indien – Agra, zur Besichtigung des Wahrzeichens von Indien, das Taj Mahal, und Varanasi, die heilige Stadt, durch die ebenfalls der Ganges fließt. Noch im Januar wollen wir die Grenze zu Nepal überqueren.



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3 Antworten zu “RISHIKESH – ASHRAM, YOGA UND RAFTING”

  • Giadda sagt:

    Hallo Ihr Beiden,
    vielen Dank für Euren ausführlichen Bericht. Ich war sehr gespannt, wie es in einem indischen Ashram so auf und zu geht. Hätte es mir viel strenger und spiritueller vorgestellt (also ohne Rafting, Internet etc.) und mit viel mehr Meditation. Dass Euch (vor allem Christian) das Yoga gut gefallen hat, freut mich. Ich kann nur bestätigen: Die Asanas minutenlang zu halten, ist sauanstrengend! Aber man fühlt sich gut danach! In diesem Sinne:
    Shanti, shanti, shantiiiiii 🙂
    Viel Spaß auf Eurer weiteren Riese & passt auf Euch auf.
    Taj Mahal wird bestimmt toll.
    Fühlt Euch umarmt!
    Giadda

  • Mama sagt:

    Hallo,
    Eure Reiseberichte sind immer wieder lesenswert und vermittelen sehr gut Eindrücke in diese fremde Welt. Das Leben in einem Ashram hätte ich mir etwas spiritueller vorgestellt. Dabei hatte ich natürlich nicht wirklich Angst, dass Ihr dort „gefangen genommen“ werdet, denn pragmatisch denkende Menschen sind wohl gefeit davor. Ich wünsche Euche eine gute Weiterreise
    und bin gespannt auf die berichte aus Nepal!

    Liebe Grüße aus Telgte

  • Michael sagt:

    Hallo Ihr Beiden,

    habe mit Spannung und Interesse Euren neuen Reisebericht gelesen und Eure Bilder mir angeschaut. Das ist ja alles ganz fantastisch, sogar grandios. Die vielen Erlebnisse bekommt man ja gar nicht alle in den Kopf. Die muesst Ihr in Eurem Rueckenmark speichern.
    Hier bei uns ist der Alltag nach den ruhigen und winterlichen Feiertagen schon wieder spuerbar. Nicht schlimm, aber auch nichts Besonderes.
    Schreibt bitte bitte weiter diese tollen Reisezwischenberichte. Man kommt dann ein Stueck weit ins Traeumen und ist auch dabei. Weiter so.

    Liebe Gruese aus Bonn
    Michael + Judith und Kinder

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