BOLIVIEN I – JEEPTOUR, REICHER BERG UND WEISSE STADT

13 02 2012

JEEPTOUR VON SAN PEDRO DE ATACAMA (CHILE) NACH UYUNI:
1. Tag
Mit einer für bolivianische Verhältnisse typischen Verspätung von 2 Stunden (und dass, obwohl wir noch in Chile waren), ging es mit einem Kleinbus der bolivianischen Agentur Richtung Grenze. Hier stelle man sich nun bitte keine befestigte Straße oder gar eine erkennbare Landeslinie vor. Mitten in der Natur umgeben von schneebedeckten Bergen und Vulkanen steht ein kleines Lehmhaus mit der Aufschrift „Migraciòn Bolivia“ und der bolivianischen Flagge. Nach einer für uns zum Glück unproblematischen „Einreise“ wurden wir auf die massenweisen Jeeps aufgeteilt, die auf der bolivianischen Seite auf uns warteten. Unser Jeep war glücklicherweise in ziemlich einwandfreiem Zustand und auch unser Fahrer/Reiseführer/Koch Saùl entpuppte sich als sehr netter und hilfsbereiter Mensch.

Mit einer ersten Ladung Cocablätter zwischen den Zähnen zur Vorbereitung auf die anstehende Fahrt auf über 5.000 Höhenmeter starteten wir mit unserer buntgemischten Jeeptruppe aus einem chilenischem Pärchen, einer Spanierin und einem Deutschen sowie einer Kolonne an weiteren Jeeps in Richtung beeindruckender Lagunen. Bei unserem ersten Stopp, der klaren Laguna Blanca, spiegelten sich dahinter liegende Andenberge mit ihren schneebedeckten Spitzen wider. Die Laguna Verde besticht nicht nur durch ihre türkis-grüne Farbe, sondern auch auch durch den Licancabur – der inaktive Vulkan, den wir bereits von der anderen Seite in San Pedro de Atacama bestaunen konnten. Unsere Fahrt führte uns weiter durch die Desierto Dalí zu den mitten in der Wüste gelegenen Thermalbädern. Dort machten wir dann auf bereits 4.200m Höhe in 30 Grad warmem Wasser eine 15-minütige Entspannungspause. Weiter ging es zu den Géiser Sol de Mañana auf 4.950m. Für die Geysire, die wir in Rotorua, Neuseeland nicht sahen, wurden wir hier mehr als nur entlohnt. Es war auf mehreren hundert Quadratmetern ein beeindruckendes Bild und auch Schauspiel aus wildem Schwefelrauch und brodelnden Schlammmassen, die wir aus nächster Nähe umwunden. Insbesondere die Schlammassen, die aus mal mehr und mal weniger flüssiger Zusammensetzung bestehen, gaben immer wieder sich verändernde Kunstwerke ab. Die Weiterfahrt führte uns zur Laguna Colorada, die neben Salzinseln ein rotfarbenes Wasser bietet. Die Farbe der Lagunen entsteht durch die zahlreichen im Wasser freigesetzten Mineralien. Das moosähnliche Lagunenufer, die sich weiterhin im Hintergrund befindlichen schneebedeckten Anden sowie die unzählig pickenden und umherfliegenden Flamingos machten ein wiederholt unwirklich erscheinendes Naturbild perfekt. Nach diesem vollgepackten ersten Tag der Tour waren wir froh uns in unser Nachtlager zu begeben. Mittlerweile hatte sich die Jeepkolonne aufgrund verschiedener Touren aufgelöst und wir waren nur noch mit zwei Jeeps unserer Agentur unterwegs. Mit dann insgesamt 12 Touristen und zwei Fahrern übernachteten wir auf 4.200m. Einige hatten spätestens in der anstehenden Nacht erste Probleme mit der Höhe. Übelkeit, Kopfschmerzen und dauerhaft erhöhter Puls waren die Anzeichen, die vielen von uns eine unruhige und von Schlaflosigkeit geprägte Nacht bescherten.

2. Tag
Nach dem Frühstück ging es zum Árbol de Piedra, dem Steinbaum. Dieser steht neben Felsformationen, die man durch die Sandwüste begehen und zum Teil erklettern kann. Mit anhaltenden Kopfschmerzen, die wir fortwährend mit Cocablättern zu bekämpfen versuchten, fuhren wir vorbei an weiteren Lagunen, u. a. an der Laguna Cheracota und wildlebenden Lamas.
Ungefähr zehn Monate im Jahr führt der Weg nun in Richtung Salar de Uyuni. Aufgrund der Wetterverhältnisse im Januar und Februar kann der Salzsee nicht durchquert werden, da er von Regen und infolge dessen von Überschwemmungen heimgesucht wird. So fuhr uns Saùl über eine Abzweigung auf die unbefestigte Hauptstraße Richtung Uyuni. Kurz hielten wir an weiteren Felsformationen an, bei denen der bekannteste Fels sich als klar zu erkennender Steinkondor darstellt. Nach kurzer Mittagspause in Villa Alota, einer fast ausgestorben wirkenden Kleinstadt, ging es direkt zum etwas umtriebigeren Städtchen San Cristobal. Dort machten wir einen kleinen Rundgang und bekamen das erste Mal aufgrund zahlreicher, traditionell gekleideter Einheimischer das Gefühl wirklich in Bolivien zu sein.
Weiter ging es auf der zum Teil schlammigen Hauptstraße. Nach wenigen Kilometern sahen wir eine stehende Autoschlange, die Saùl ohne Zögern passierte, da er bereits Schlimmes ahnte. Ein Jeep einer anderen Agentur kam auf der an diesem Abschnitt schmierigen Lehmfahrbahn ins Rutschen, überschlug sich beim Aufprall am gegenüberliegenden Graben und lag auf dem Dach. Nebendran standen zittrige und schluchzende Touristen, die von Verletzungen allem Anschein nach weitestgehend verschont blieben. Mit mehreren helfenden Händen drehten wir den Wagen wieder um und drückten bzw. zogen ihn aus dem Graben. Beim Hilfsmanöver erkannte Christian einen möglichen Grund für den Unfall. Der Unfallwagen hatte vorne so gut wie kein Profil mehr auf den Rädern und die Hinterreifen waren gar Slicks, die man eigentlich nur noch bei der Formel 1 verwenden könnte. Beim Feststellen des Wagens wollte Christian darüber hinaus die Handbremse betätigen. Selbst diese hatte keinerlei Zugkraft mehr. Wir stießen bei unseren Recherchen im Vorfeld der Tour bereits auf Informationen über unzureichend gewartete Jeeps. Nun hatten wir den Beweis, dass es sie gibt. Wir fühlten uns im Gegensatz dazu immer und jederzeit sicher bei Saùls Fahrweise sowie in seinem Jeep. Nachdem Saùl seinem Kollegen noch den Ersatzreifen unseres Jeeps gab, fuhren wir mit einem kleinen Schrecken davon.
Kurz vor Uyuni machten wir einen Abstecher auf den von der Hauptstraße schon zu sehenden Eisenbahnfriedhof. Alte Modelle aus dem 20. Jahrhundert bestaunten wir, die zum Teil mit witzigen Grafitis besprüht waren. Mit der Ankunft in Uyuni ging der zweite Tag der Jeeptour zu Ende und in dieser Nacht auf geringerer Höhe konnten wir glücklicherweise besser schlafen.

3. Tag
Um halb fünf rappelte der Wecker, damit wir es pünktlich zum Sonnenaufgang auf den ca. 30km weiter entfernten Salar de Uyuni schafften. Dieser Salzsee ist mit 12.000 qkm der größte der Erde und liegt zudem auf 3.650m. Da er zurzeit überschwemmt ist, spiegelt sich der Himmel bei gutem Wetter in ihm. Leider war es an diesem Morgen ziemlich bewölkt und es gab nur wenige Spiegelungen. Trotzdem war es absolut beeindruckend auf dieser riesigen weißen Fläche zu stehen. Aufgrund der fast gleichen Farbe von Wolken und Boden war der Horizont manchmal nicht einzuordnen, da ein fließender Übergang entstanden war. Auf dem Salzsee machten wir Halt an einem Salzhotel, das zum größten Teil wie der Name schon sagt aus Salz besteht. Dort gab es für uns ein letztes gemeinsames Frühstück und wir machten einen Rundgang durch das angeschlossene kleine Salzmuseum mit verschiedensten Salzskulpturen. Auf dem Rückweg nach Uyuni sahen wir, wie der Salzabbau betrieben wird. Kleine Salzpyramiden werden aufgebaut, um das Salz bis zum Abtransport auf dem See trocknen zu lassen.
Mit dem Verlassen des Salzsees und der Rückkehr nach Uyuni war unsere Jeeptour beendet. Wir begaben uns noch am gleichen Tag voller neuer Eindrücke und jeder Menge Fotos auf die Weiterfahrt mit dem Bus nach Potosí.

POTOSÍ:
In der höchsten Stadt der Welt auf 4.070m kamen wir nach einer beeindruckenden Busfahrt durch die Anden am frühen Abend an. Potosí hat eine absolut faszinierende Vergangenheit und ist noch heute eine äußerst interessante Stadt. Aufgrund von Silberfunden im anliegenden „Cerro Rico“ (Reicher Berg) im Jahr 1546 entwickelte sich die Stadt in den folgenden zwei Jahrhunderten zur reichsten Stadt Lateinamerikas. Der schillernde Cerro Rico barg das größte Silberaufkommen der Welt – kein Wunder, dass sogar Maultiere zu besten Zeiten mit Silber beschlagen wurden… Millionen von Indigenas (Ureinwohnern) und afrikanischer Sklaven arbeiteten und starben in den Minen. Heute ist vom Prunk nicht mehr viel übrig geblieben, aber der Minenabbau wird weiterhin aktiv betrieben. Wie zu Kolonialzeiten bauen die heute rund 15.000 Minenarbeiter die Stoffe mit einfachem Dynamit, Handwerkzeug und Schubkarren ab. Touristen können sich die Arbeit untertage auf geführten Touren ansehen. Wir entschieden uns nach einigen Überlegungen dagegen und für eine selbstorganisierte Taxifahrt zu den Minen. Heute bleiben Minenarbeiter nicht mehr wie früher wochenlang untertage, jedoch zeichnen sich die weiterhin strapaziösen Erdarbeiten in ihren Gesichtern nieder. Sie sind beim Abbau von zumeist Silber und Zink Asbest und anderen schädlichen Stoffen ohne große Schutzausrüstung ausgeliefert. Das ganze versuchen sie mit permanentem Cocablätterkauen zu übertünchen.. Immer wieder gibt es Unfälle in der Mine und auch die Gesundheitsbelastungen durch die Arbeit untertage führen zu einer überdurschnittlich hohen Sterberate. Trotzdem zieht der Cerro Rico weiterhin direkte Nachkommen der Minenarbeiter in seinen Bann, die nach Aussage unseres Taxifahrers zum Teil mit bereits zwölf Jahren ihre Arbeit aufnehmen. Das abgetragene Gut wird draußen vor dem Abtransport teilweise per Hand sortiert, was auch Frauen übernehmen. Die meisten „Mineros“ leben in Siedlungen zwischen Stadt und Cerro Rico. Daneben gibt es einzelne Familien, die direkt neben den Schächten in kleinen Steinhütten wachen, um den Berg, der ihr tägliches Brot liefert, vor Plünderungen zu schützen.

Potosí selbst birgt hinter jeder Ecke noch Spuren der Vergangenheit. Auch wenn die Stadt an sich eher etwas schmuddelig und unordentlich wirkt, erklären die zahllosen Gassen mit ihren schönen Giebelhäusern und die vielen Kirchen, warum die Stadt zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Auf dem Markt mussten wir uns vor allem in der Fleischabteilung an die skurrilen, aber hier doch alltäglichen Anblicke gewöhnen: Kuhköpfe, Schweinefüße, ausgelöste Rinderhörner und alle möglichen Innereien werden hier präsentiert.
Bei unserem ersten Gang durch die Stadt gerieten wir in die ersten Karnevalsvorläufer. Die Mineros machten einen Musik- und Tanzumzug, verbunden mit unvermeidlichen Wasserschlachten.

Nach drei Nächten, in denen wir immer noch mit Atemlosigkeit von so kleinen Gängen wie zum Badezimmer zu kämpfen hatten, machten wir uns auf nach Sucre. Die Busfahrt wurde im Übrigen von einem redseligen Vertriebler „versüßt“, der ein Monolog über die schlechten Essgewohnheiten der Bolivianer hielt, um im Anschluss seine Instandvitaminpackungen an den Kunden zu bringen, was ihm doch glatt bei erschreckend vielen Mitreisenden gelang.

SUCRE:
Die verfassungsrechtliche Hauptstadt Boliviens wird auch Weiße Stadt genannt. An jeder Ecke macht sie durch Schilder und Sprüche darauf aufmerksam, dass SIE die „Capital“ von Bolivien ist und nicht das konkurrierende La Paz. Dabei müsste sie sicherlich kein mangelndes Selbstbewusstsein haben. Prunkvolle und weiße, zum Großteil im Kolonialstil erhaltene Gebäude in Verbindung mit der indigenen Kultur setzte die Innenstadt einst auf die Liste des UNESCO Weltkulturerbes. Gepflegte Parkanlagen und ein mildes Klima in geringere Höhe als die Städte zuvor waren für uns zudem Gründe hier einige Tage länger zu verweilen. Gegenüber unseres Hostels befand sich der Hauptmarkt und unser erster Tagesgang führte uns immer zu einem wahren Paradies für Früchteliebhaber. Ungefähr 20 Stände bieten hier frisch gepresste Fruchtsäfte verschiedenster Sorten sowie Obstsalate zu unvorstellbar niedrigen Preisen an. Und als Ausgleich dazu fanden wir ein Restaurant mit saftigen Steaks vom Holzkohlegrill. Wir bummelten durch Straßen, Parks sowie über Märkte und genossen den bolivianischen Alltag sowie den herrlichen Ausblick auf Sucre vom Aussichtspunkt „El Mirador“. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch des Hauptfriedhofes. Hier gibt es „Schubladengräber“, in denen die Toten äußerst platzsparend über- und nebeneinander beerdigt werden. Jedes Grab hat ein kleines Schaufenster, welches individuell geschmückt ist. Eine weitere Variante auf dem Friedhof sind die großen Familiengräber, die wie Mausoleen aufgebaut sind.

Am Sonntag machten wir einen Ausflug nach Tarabuco, einem kleinen Städtchen 65km entfernt von der Hauptstadt. Hier findet wöchentlich ein in der Region bekannter, großer Markt statt, der sowohl für Touristen als auch für die einheimische Landbevölkerung allerhand zu bieten hat. Wir konnten uns kaum sattsehen an den traditionell gekleideten Menschen, die aus einem anderen Jahrhundert zu stammen schienen. Das merkte man auch an der Faszination, die beispielsweise ein Fernseher auf sie machte. Bei zwei Begegnungen kamen wir zudem mit unserem Spanisch nicht weiter. Viele Leute sprechen hier nur Quechua, eine Sprache des Andenvolkes, die wie Aymara und Guaraní zu den weiteren Hauptsprachen Boliviens gehört.

Unser nächstes Ziel ist die wohl bekannteste Stadt Boliviens La Paz. Im Übrigen steht auch im katholischen Südamerika der Karneval vor der Tür, den wir in irgendeiner Form mitfeiern wollen.



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1 Antwort zu “BOLIVIEN I – JEEPTOUR, REICHER BERG UND WEISSE STADT”

  • Michael sagt:

    Hallo Zusammen,

    schon ist wieder ein Monat vergangen. Eure Reiseeifer geht weiter. Der Karneval im Rheinland ist unser nächstes Ziel.

    Alles Gute und bleibt Gesund.
    Michael + Familie

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