PERU – MACHU PICCHU, GEBRATENES MEERSCHWEINCHEN UND REISEMARATHON

15 03 2012

Die Grenzüberquerung von Bolivien nach Peru einige Kilometer nördlich von Copacabana am Titicaca-See verlief völlig unproblematisch und nach einigen Minuten hatten wir unsere Aufenthaltsgenehmigung über 90 Tage in der Tasche. Da wussten wir noch nicht, wie schnell wir auch dieses Land durchreisen würden. Kurz vor dem Busbahnhof in Puno, an der nördlichen Seite des Titicaca-Sees, entschieden wir uns spontan, direkt in den nächsten Bus nach Cuzco einzusteigen.

CUZCO:
Cuzco ist eine sehr schöne und faszinierende Stadt in den Anden, die einmal die Hauptstadt des Inka-Reiches war. Sie ist wohl die meist besuchte Stadt Perus, da sie relativ nah an der Haupttouristenattraktion des Landes liegt, dem Machu Picchu. Zusätzlich befinden sich noch viele andere Inka-Ruinen in unmittelbarer Nähe.
Bevor wir uns aber um mögliche Ausflugsziele kümmerten, genossen wir zunächst einen ganz besonderen Luxus: Das erste eigene Badezimmer seit 7,5 Monaten! Wir konnten es selbst kaum glauben, aber nachdem wir einige Male hin und her gerechnet hatten, war es sicher: Auf Bali hatten wir im Juli vergangenen Jahres das letzte Mal diesen doch eigentlich sehr alltäglichen Komfort! So viel mal dazu, was ein Travellerherz erfreuen kann…
Cuzco selbst trug dann auch noch zu diesem Wohlgefühl bei. Die Stadt ist sehr gepflegt und sauber (zumindest im touristischen Teil) und hat unzählige, sehr gut erhaltene koloniale Bauten und Kirchen zu bieten. So verbrachten wir die erste Zeit mit Spaziergängen durch unser Wohnviertel San Blas und das historische Zentrum.
Natürlich stand fest, dass wir den Machu Picchu besuchen wollten. Wie und was wir dort erlebten, erzählen wir weiter unten in einem eigenen Abschnitt.
Nachdem wir von diesem Trip zurück in Cuzco waren, stand nach Ausschlafen eigentlich nur noch eine Mission aus: Die Suche nach der traditionellen Spezialität der Stadt – gebratenes Meerschweinchen. Cuzco ist als Hochburg dafür bekannt, aber bis zum letzten Tag merkten wir davon nicht viel. Trotz mehrfachem Nachfragen konnten wir einfach kein Restaurant ausmachen, in dem wir nicht das Gefühl hatten in eine der Touristenfallen zu tappen, die ein Meerschweinchen nicht nur überteuert, sondern auch anders zubereitet anboten. Kurz vor unserer Nachtbusfahrt zum nächsten Ziel Arequipa hatten wir diesen kulinarischen Genuss dann eigentlich schon abgeschrieben. Denn ein Touristenessen wollten wir auf keinen Fall. Ein Mann auf der Straße kriegte unsere Verzweiflung schließlich mit und konnte uns endlich einen brauchbaren Hinweis geben. Mit dem Bus fuhren wir an den oberen Stadtrand und tatsächlich: Auf einer völlig unscheinbaren Straße gab es mindestens drei „Cuyerías“! Und dazu waren diese rappelvoll mit Einheimischen und es gab nur zwei Gerichte auf der Speisekarte. Cuy (Meerschweinchen) in zwei Zubereitungsformen – einmal als quasi flach gebratenes Schnitzel und einmal als Ganzes, das dann so aussah wie ein Spanferkel, nur kleiner. Als einzige Touristen weit und breit fühlten wir uns richtig wohl und bestellten uns ein Cuy Chactado, gebratenes Meerschweinchen, welches uns platt auf dem Teller liegend mit Beilagen wie gefüllter Paprika und Kartoffeln serviert wurde. Zwar kostete es zunächst etwas Überwindung, das komplette Tierchen zu probieren, aber nachdem wir ein Beinchen abgeknabbert hatten, war die Scheu überwunden. Das Fleisch schmeckte wunderbar und auch, wenn nicht viel dran war, waren wir nach einer Portion zusammen pappsatt!

MACHU PICCHU:
Ob wir uns für den Besuch der „Verlorenen Stadt der Inka“ nun die richtige Jahreszeit ausgesucht hatten – naja. Der Februar ist der regenreichste Monat des Jahres in dieser Gegend und damit der schwächste an Touristenzahlen. Der berühmte Inka-Trail, auf dem man in 4 Tagen bis zum Machu Picchu laufen kann, war aufgrund von Überschwemmungen bis zum 8. März gesperrt. Und auch die mögliche Busfahrt zur Inka-Hochburg ist nicht sehr zu empfehlen, denn Straßensperren durch Erdrutsche sind an der Tagesordnung. Um kein Risiko einzugehen, entschieden wir uns für das komplette „Sorglosprogramm“. Wir buchten eine Pauschaltour über zwei Tage mit Transport, Hotelübernachtung, Eintritt und Guide und fühlten uns einige Male ganz ungewohnt. Hatten wir doch unsere bisherige Reise und die dazugehörigen Events bis auf wenige Ausnahmen immer selbst organisiert. Mit dem Bus ging es morgens über zwei Stunden bis nach Ollantayambo, von wo aus wir in den Zug der Perurail umstiegen. Und dieser war wirklich vom Feinsten: Polstersitze, Panoramafenster und dazu noch Snacks und Getränke. Zielort war Aguas Calientes (auch Machu Picchu Pueblo genannt), welches acht Kilometer vom Machu Picchu entfernt liegt und nur als Zweck der Touristenherberge dient. Bekannt wurde es auch im Jahr 2010 als es von Überschwemmungen und Erdrutschen aufgrund des vorbeifließenden Rio Vilcanota (auch Rio Urubamba oder zu Inka-Zeiten Willcamayu genannt) zu dieser Jahreszeit gezeichnet wurde. Er war auch in diesen Tagen unfassbar wild. Unser Hotel war neu und absolut schön. Während wir es uns nachmittags vor dem Flachbildfernseher bequem machten, regnete es draußen in Strömen. Der nächste Tag konnte ja heiter werden… Um halb fünf Uhr morgens rappelte der Wecker und um sechs machten wir uns – zum Glück im halbwegs Trockenen – auf zu unserem ersten Marsch. Zwar gibt es auch Busse, die die acht Kilometer Wegstrecke und 400 Höhenmeter komfortabler überwinden, doch wir entschieden uns für den steilen Hike. Nach 1,5 Stunden oben angekommen erwartete uns ein Nebelmeer. Die Inka-Stadt sowie die Umgebung waren nicht zu erkennen. Ein Guide führte uns in den nächsten zwei Stunden zu den wichtigsten Schauplätzen und fütterte uns mit Informationen über die Stadt, die etwa 1440 begonnen wurde zu bauen und dessen originaler Name nicht bekannt ist. Machu Picchu ist nur der Name des Berges, in den die Stadt quasi eingelassen wurde. Die Schätzungen auf den Baubeginn wurden aufgrund der Textilien getroffen, die 1911 bei der Wiederentdeckung gefunden wurden und auf diese Zeit zurück zu führen sind. Es hat den Anschein als sei die Stadt nie wirklich fertig gestellt worden, da unter anderem große Felsbrocken halbfertig bearbeitet herumliegen. Dies beruht auf der Annahme, dass die Stadt – entweder aufgrund eines nachgewiesenen Bürgerkriegs der Region um 1530 oder der Einnahme von Cuzco um 1535 und dem drohenden Vormarsch der Spanier in diese „heilige“ Stadt – verlassen wurde. Die Stadt ist damit nur zu circa 70 Prozent fertig gestellt. Nichtsdestotrotz konnten wir die tollen Bauten in verschiedenen Stadtteilen sehen. Sogenannte Qualitätsbauten, die sich im Mauerwerk mit fein-säuberlich geschliffenen Steinen wiederfinden, sind ebenso beeindruckend wie die astronomischen Bauten (astronomische Spiegel, Sonnenuhr, Südliche Kreuz). Zudem verfügte die Inka-Stadt über Schulen, Tempel, landwirtschaftliche Terrassen und über ein vom Wetter geschützteren Gewächshaus-Bereich sowie einen Hauptplatz, der im Echo stand und wo Volkskundgebungen stattgefunden haben müssen. Insgesamt beeindruckte uns die Komplexität mit der diese Stadt gebaute wurde und der Mythos, der ihr zugeschrieben wird. Die Stadt gilt aufgrund ihrer zahlreichen astronomischen sowie religiösen Bauten und sieben Zugangspfaden als zentrale Pilgerstätte der Inka-Zeit. Denn so unglaublich sich das anhört: Es liegt eine andere noch größere Inka-Stadt weiter nördlich im Urwald, die nur schwer zugänglich ist und der einfach nicht die gleiche mystische Bedeutung beigemessen wird wie Machu Picchu.
Nach unserer Führung hatten wir den Rest des Tages, um alles noch einmal selbst zu erkunden und den benachbarten Wayna Picchu zu besteigen. Jeden Tag dürfen auf diesen nur 400 Menschen hoch, da der Auf- bzw. Abstieg äußerst eng und an manchen Stellen sehr steil ist. Der höher liegende Wayna Picchu bot für den Machu Picchu eine Herberge für Gelehrte (möglicherweise Priester) und dessen Schüler. Inzwischen hatte sich das Wetter etwas gebessert und nach einem erneuten schweißtreibenden Aufstieg wurden wir zwischen den Wolkenfetzen mehrmals mit einem traumhaften Ausblick auf den Machu Picchu und die bergige Urwaldumgebung belohnt.
Am Nachmittag ging es zurück nach Aguas Calientes. Insgesamt hatten wir da 25-30km Fußmarsch und unzählige Stufen in den Knochen. Nach einem Abendessen traten wir den Rückweg nach Cuzco an und waren heilfroh, als wir gegen Mitternacht wieder in unserem Bett im Hostel lagen!

AREQUIPA:
Die Fahrt nach Arequipa war nicht ganz unkompliziert. Von Cuzco sollte es in 10 Stunden in einem Semi-Cama-Bus dorthin gehen. Dieser Bus hat Sitze, die ziemlich weit zurück geklappt werden können, mit größerer Beinfreiheit und somit komfortablerer Schlafmöglichkeit als normale Busse. Doch dieser Luxus war für uns nach einer Stunde Fahrt und einer weiteren Stunde Warten irgendwo im Nichts vorbei. Denn der Bus war kaputt und als Ersatz kam ein normaler Bus. Das Schlafen klappte nicht ganz so gut wie geplant und wir kamen ziemlich müde und verspätet in Arequipa an. Die zweitgrößte Stadt Perus konnte uns nicht so ganz überzeugen. Jedoch hat auch sie einen schönen Hauptplatz mit Kirchen zu bieten. Die Stadt haben wir dann quasi in zwei Rundgängen besichtigt, bei denen wir unter anderem den lokalen Markt besuchten und uns dort zwei Mal die Spezialitäten Papas Relleno (gefüllte Kartoffel wahlweise mit Fleisch oder Gemüse) und Salteña genüsslich einverleibten. Die Umgebung konnten wir aus dem Bus vor Ankunft und bei Abfahrt bewundern. Aber wir merkten spätestens hier, dass es für uns bald wieder Zeit für einen ruhigeren und vor allem kleineren Ort sein sollte.

LIMA:
Um in die Hauptstadt zu gelangen, nutzten wir erneut einen Nachtbus. In 16 Stunden ging es mit der Luxusbuslinie Cruz del Sur an die pazifische Küste. Merkwürdigerweise war diese auf der Strecke Arequipa – Lima preisgleich mit ihren Konkurrenten. Leider mussten wir aber insgesamt feststellen, dass das Reisen in Peru verhältnismäßig teuer ist, wenn man nicht über ganze Tage in den schlechtesten, langsamsten und leider auch unsichersten Bussen verbringen will. In Lima selbst hielten wir uns keine 30 Stunden auf. Trotzdem blieb genug Zeit, um die Hauptsehenswürdigkeiten mit dem Plaza San Martin und Plaza Mayor zu bewundern. Am Morgen vor unserer Weiterfahrt besuchten wir das Museo Municipal de Lima, welches in zwei Stunden Führung eine Vielzahl von Fakten und Eindrücken mittels Hightech-Visualisierungen und 3D-Filmchen über die Geschichte der Hauptstadt selbst und Peru vermittelte.

GRENZÜBERQUERUNG NACH ECUADOR:
Ursprünglich hatten wir geplant, von Lima nach Chachapoyas zu fahren, einer Stadt im Nordosten Perus, um von dort noch eine verlassene Inkastätte zu besuchen, um dann „durch die Hintertür“ nach Ecuador zu gelangen. Wir wollten für diesen Grenzübergang nicht den herkömmlichen Weg entlang der Küste nehmen, sondern mitten durch den Urwald fahren. Nachdem wir schon über 20 Stunden im Bus von Lima gesessen hatten und eigentlich noch zwei Stunden fahrt bis Chachapoyas vor uns hatten, bemerkten wir an einem Haltepunkt, dass wir schon an einer Station waren, die auf unserem Weg zur ecuadorianischen Grenze lag. Kurzerhand sprangen wir aus dem Bus, ließen unsere Rucksäcke aus den tiefsten Ecken des Gepäckraums suchen und ließen Chachapoyas sausen… Zur Erklärung, inzwischen steht unser Rückflug am 09.Mai aus Panama City fest und wir haben noch einiges vor (uns). Durch die schnelle Reise seit Ankunft in Südamerika sind wir auch etwas müde geworden und nicht mehr ganz aufnahmefähig. Fest stand daher für uns, dass wir unbedingt einige ruhige Tage benötigten, um dann hoffentlich gestärkt den Endspurt antreten zu können. Und diese Ruhephase wollten wir in Vilcabamba auf ecuadorianischer Seite einlegen. Somit war die spontane Aktion mit dem Busausstieg mit dem Hintergedanken begründet, einige Tage „zu sparen“. Dank dieser Entscheidung sollten die noch kommenden zwei Tage mit dem Tag seit Abfahrt aus Lima dann auch zum absoluten Reisemarathon werden. Von der Zwischenstation ging es mit dem Minibus weiter bis nach Jaén, mit der Motorradrikscha zum Busbahnhof und nochmal in drei Stunden weiter mit dem Minibus in das grenznahe San Ignacio, wo wir übernachteten. Wir durchfuhren absolut touristenfreies Gebiet mit kleinen Städtchen in der Wildnis und genossen trotz Müdigkeit den Hauch von Abenteuer. Nach einer kurzen Nacht ging es frühmorgens mit dem Taxi weiter zum Grenzdorf La Balsa. Nachdem wir sowohl die Polizei als auch den Grenzbeamten auf peruanischer Seite als auch die Polizei in Ecuador wecken mussten, um die erforderlichen Aus- und Einreisestempel zu bekommen, mussten wir erfahren, dass die ganze früh-morgendliche Aktion umsonst war und wir alle hätten länger schlafen können… Denn der Weitertransport aus La Balsa zur nächstgrößeren Stadt war erst um 12 Uhr mittags! So verbrachten wir fast vier Stunden hinter der Brücke, die als Grenzüberquerung dient, in einem kleinen „Restaurant“. Da es dort kein Frühstück nach unserem Verständnis gab, futterten wir um neun Uhr morgens eine ordentliche Portion Reis, Hühnchen, Ei und gebratene Banane. 🙂 Mit einem umgebauten LKW, in dem Holzbänke angebracht waren, ging es schließlich in äußerst schaukeligen 1,5 Stunden bis Zumba. Dort kamen wir gerade rechtzeitig an, um den Bus nach Vilcabamba zu erwischen, was nochmals über sechs Stunden Fahrt an steilen Hängen entlang, auf unbefestigten Straßen und matschigen Wegen bedeutete… Ein echter Reisemarathon, aber im Nachhinein sind wir froh, dass wir diesen Weg genommen haben. Somit haben wir wenigstens noch etwas vom unberührten Peru mitbekommen. Trotz achtmaligem Wechsel des Transportmittels seit Verlassen von Lima und über 50 Stunden Reisezeit mit einer kurzen Übernachtung hat doch alles relativ reibungslos geklappt und wir waren überrascht über die Freundlichkeit der Bewohner in diesen abgelegenen Landesteilen.